ZEN for a fish

Der folgende Text ist ein Ausschnitt aus dem Text „Grafische Arbeiten zu verschiedenen Zyklen von Albrecht/d.“ von E. Wurster zur Ausstellung in der Galerie Senatore 1984 für die Sendung Prisma des Südwestfunks, Februar 1984. Der vollständige Text ist enthalten in „Albrecht/d. – Collage Geklebtes Mix 1975 – 1985“, Galerie für visuelle Erlebnisse von Bernd Löbach-Hinweiser, Designbuch Verlag Cremlingen 1986.

Was sich zwischen Anarchie und Zen, zwischen Politik und Poesie, zwischen Aufbegehren und entrücktem Aufgehen so ansammelt, das hat Albrecht/d. im Zyklus ‚Zen for a fish‘ in Verdichtungen sichtbar zu machen versucht. 1979 ist dieser Zyklus in London entstanden, die gängigen Stadtansichten, wie sie die Tourismus-Industrie proper farbig klischiert, dienen als Grundlage. In diese bunte Großstadtdynamik läßt Albrecht/d. Fremdes einbrechen, nicht nur zerrissene Fahrkarten und den Stempelaufdruck ZEN, sondern auch Fotos, einmal nur Gräser oder Äste, dann aber auch Krüppel und Folterszenen. Doch das alles ist eher beiläufig, ordnet sich aufgemalten weißen Farbbahnen unter, schwebenden Wischern. Der eigentliche Einbruch ins Klischee ist jedoch jeweils ein großer Fisch.
Ein Fisch ist nicht nur ein Fisch. Ein Fisch ist Symbol. Ein Fisch verkörpert vieles, das Christentum ebenso wie die Fruchtbarkeit, ja das Leben schlechthin. Aus geheimnisvollen Wassertiefen kommend, signalisiert der Fisch etwas vom Ursprung des Lebens, von Vitalität und Freiheit, von stummer Weisheit, und von Kräften, die unserem Bewußtsein entzogen sind.

Dieses Symbol aus der Tiefe pflanzt Albrecht/d. mitten in dieses hektische London, das wohl uns, unsere Welt, unsere Verfassung zwischen schönem Schein und brutaler Realität darstellt. Zwar ist der Fisch jeweils durch einen hellen Rand von Big Ben oder Picadilly oder Westminster abgehoben, doch da Albrecht/d. nicht die Collagen selbst anbietet, sondern deren fotografische Wiedergabe, ist das Gegensätzliche auch vereint, sind die Unterschiede eingeebnet.
Seinem Gedankenfluß, den Albrecht/d. mit solchen Arbeiten zum Stillstand bringen will, zu einem kurzen Anhalten, diesem Gedankenfluß entspricht also ein fließendes Ineinander der Medien. Ursprünglich Fotografie, dann deren drucktechnische Verwendung, schließlich Verwendung dieser Druckerzeugnisse für eine Collageund Hinzufügen von malerischen und gestempelten Elementen, zuletzt nochmal fotografische Wiedergabe: Das entrückt, schafft gleichermaßen nochmal Distanz zur Realität wie zur produzierten Wirklichkeit einer reinen Foto-Montage, ohne jedoch ins beliebig Surrreale zu entgleiten.