NO!art

Offiziell entstand das NO!art Movement ab 1959 aus von Boris Lurie, Sam Goodman und Stanley Fisher organisierten Ausstellungen in der New Yorker March Gallery. NO!art war zunächst der Titel einer Show in der Galerie Gertrude Stein.

Auf no-art.info schreibt Boris Lurie “NO!art has continued way beyond 1964 and also prior to 1958. The „cutting-off“ date 1964, as espoused by the art historian is entirely artificial.“ Er vermeidet jegliche zeitliche Einordnung, impliziert aber, dass NO!art letztlich schon seit Ende des 2. Weltkrieges in gewisser Form existierte. Die US-Amerikanische Gesellschaft erlebte in den Jahren nach dem Krieg bis Mitte der 1950er Jahre durch die Demobilisierung großer Teile der Streitkräfte und die Re-Zivilisierung der Industrieproduktion einerseits sowie die zunehmend hysterische Angst vor kommunistischer Unterwanderung (McCarthy-Ära) andererseits gravierende Brüche.

Diese Brüche beschleunigten das Entstehen von Jugendbewegungen, aggressiverer Musik (Rock’n’Roll etc.) und auch Strömungen in der Kunst, die sich im Widerspruch zum gesellschaftlichen Mainstream positionierten. Auf der künstlerischen Ebene wandte sich NO!art gegen die damals aktuellen künstlerischen Trends wie Abstrakten Expressionismus und Pop Art, die vom Kunstmarkt schnell vereinnahmt wurden. Es gab aber auch eine klare politische Positionierung gegen Faschismus, Rassismus und Imperialismus in der Politik.

Der Kunstkritiker Harold Rosenberg erklärte in seinem Essay „Bull by the Horns“ „NO!art reflektiert den Mix aus Abschaum und Verbrechen, mit dem die Massenmedien die Gemüter unserer Zeit überfluten“. Mit dieser Einordnung lässt sich eine direkte Linie von NO!art zu den europäischen Expressionisten, Dadaisten, Veristen, Konstruktivisten usw. ziehen.

Mit Wolf Vostell, Allen Kaprow und Jean Toche rechneten sich drei Weggefährten Albrecht/d.s aus der Fluxus-Bewegung auch NO!art zu. Alle drei hatten 1972 an der Kassettenpublikation „Abart von Künstlern – Den Satz Von Herr Neuendorf Wiederholen“ (reflection press Nr. 25) mitgewirkt.

Frank-Kirk Ehm-Marks veröffentlichte 1988 ein Buch bei reflection press und stellte auf Vermittlung Albrecht/d.s 1988 und 1994 in Stuttgart bei Buch Julius aus. 2012, kurz vor Albrecht/d.s Tod, entstand ein Kontakt zwischen ihm und Kommissar Hjuler, der auch Webmaster der NO!art-Seite Asylum Lunaticum ist und seine Arbeit in Neo-Fluxus/NO!art verortet. Hjuler veröffentlichte Teile der Telefonmitschnitte der beiden nach Albrecht/d.s Tod auf mehreren „Fluxus ±“-LPs. Auch Milan Knížák findet sich auf LPs von Kommissar Hjuler. Nachdem Knížák 1973 in Prag zu 2 Jahren Haft wegen „Pornografie“ und „Herabsetzung des Ansehens der CSSR im Ausland“ verurteilt worden war, hatte Albrecht/d. bei reflection press eine Dokumentation zu den Umständen und Hintergründen von Knížáks Verhaftung herausgegen. Wie viele andere war dieser Kontakt seinerzeit über Mail Art-Netzwerke bzw. den VICE-Versand zustande gekommen.

Kommissar Hjuler wollte auch die Aufnahmen der Sessions von Albrecht/d. mit Throbbing Gristle wiederveröffentlichen. Da aber die Manager sowohl von Cosey Fanni Tutti also auch von Genesis P-Orridge die Zustimmung verweigert hatten, erschien eine LP mit aufgeklebten original-Cassetten aus dem reflection press-Programm.

Die kaum noch überschaubare Vielfalt der Kooperationen von Kommissar Hjuler & Mama Baer für ihre unzähligen in Tonträgerformaten (12″, 7″, Cassetten) publizierten Arbeiten veranschaulicht, dass die Grenzen zwischen Industrial und NO!art an dieser Stelle teilweise fließend sind.