Zwischen den Stühlen …Albrecht/d. über Albrecht/d.

 

 

Das Selbstverständnis des aus der DDR stammenden und in Stuttgart lebenden Künstlers ist nicht auf Anpassung und Erfolg programmiert. Das Wandeln auf den Pfaden herkömmlicher Kunstauffassungen war und ist ihm ein Greuel. Die Unterscheidung Kunst – Anti – Nicht-Kunst bedeutet ihm nichts. In den 60er Jahren faszinierte ihn die Idee des Gesamtkunstwerks bei  Richard Wagner und seine Versuche zeigten Parallelen  zum intermedialen Kunstbegriff bei Fluxus, Happening  oder politischen Demonstrationen.

So entstanden Collagen und Objekte bzw. Installationen aus Müll und dem Müll der Massenmedien  zu den Ereignissen im Kongo, Biafra und Vietnam.

Anfang der Siebziger Jahre entstehen Instrumente aus  großen Resonanzkörpern mit meterlangen Stahl-Saiten  und die Musik ist ein Prozess archaischer Klangerzeugung mit primitiven Strukturen und Bezügen zur traditionellen Musik auf Bali/Indonesien, tibetischer Ritualmusik oder arabischer bzw. afrikanischer Rhythmik. Die Bezeichnung „endless music“ in der Übersetzung „Musik der Unendlichkeit“ zeigt die Richtung zur Kontemplation in der Leere im Sinne buddhistischer Welterfahrung und Ethik.

1977 wurde eine Arbeit mit dem Titel „permanente Gewalt“ als Fortschreibung eines Projekts aus 13 Jahren abgeschlossen. Der realen Gewalt des Alltags im Kriege, Folter, Demonstrationen etc. wurde die inszenierte Gewalt in der sado-masochistischen Pornographie oder im Spielfilm gegenüber gestellt. Der Prozess zur kontemplativen Erfahrung im Sinne einer Meditation wurde durch den Einsatz der Fotokopie und extremen Vergrößerungen erreicht.

Die Aktualität dieser Arbeit zeigt sich erst heute in der Vermarktung sadomasochistischer Phantasien in der Mode, im Film, in den Illustrierten als einen Versuch zur Überwindung der Langeweile in einer desorientierten Welt.

Die Versteppung bzw. das Vordringen der Wüste am Beispiel der Sahel-Zone war der inhaltliche Bezug eines Projekts der Jahre 1973/74. Die Entwicklung der Sahel-Zone vom Regenwald zur Wüste in Jahrhunderten wiederholt sich gegenwärtig in Brasilien, Thailand, Malaysia, Indonesien und Äquatorialafrika in einem rasanten Tempo.

Zu jeder Zeit war die Kunst in der Auseinandersetzung mit den Innovationen in Wissenschaft, Philosophie, Religion und Technologie eingebunden.

Der Impressionismus ist ohne die Erfindung der Fotografie und der physikalischen Forschung undenkbar. Der Dadaismus hat seine Initialzündung in der Beobachtung der industriellen Materialschlacht des 1. Weltkrieges und der Anonymität der Soldaten, die eigentlich Maschinen bedienten und ihrem Feind nicht mehr persönlich gegenüber standen.

Betrachtet man die Kunst der Gegenwart ist von den Wechselbeziehungen zu den rasanten Entwicklungen der elektronischen Medien, Computertechnologie oder ökologischem Desaster nur sehr wenig zu spüren.

Die Wirklichkeit ist eine Welt der Desinformation durch eine Flut technisch reproduzierter Bilder. Die Künstler stellen ihr in diesem Jahrzehnt mit fast naiv anmutender Beschaulichkeit eine illustrative Malerei mit Versatzstücken aus der faschistischen Tradition oder Nazi-Ästhetik gegenüber und lassen sich als wiedergeborene „Makarts“ der Postmoderne feiern.

Die Antwort darauf kann nur der Versuch einer Implosion des Inhaltlichen in der Verbindung mit einer Verdichtung auch im formalen Gestaltungsprozess sein.

Die Komplexität des Denkens und der simultanen Wahrnehmung im Gehirn muss ihre adäquate Ausprägung auch in der bildenden Kunst entwickeln. Deshalb bediente sich Albrecht/d. der Verbindung von Collage, Fotografie, Fotokopie – Schwarz/Weiß oder farbig mit Malerei. Die Arbeiten werden mit Schnüren zu großen Ensembles verknüpft oder Teile sind mit einem Leinenfalz zu umfangreichen Einheiten verbunden.

Albrecht/d. über Albrecht/d. 1989, veröffentlicht u.a. im Katalog zur Ausstellung „GEWALT als ein perpetuum moblie“ in Salzgitter 1992.

 

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